Ein bewundernswertes Geschenk für die Stadt Cheb/Eger

Ein bewundernswertes Geschenk für die Stadt Cheb/Eger

Zimmerermeister aus Parkstein erstellt ein Modell des Gablerhauses

Nachdem bei einem Neubau das Richtfest gefeiert wurde, wird das Dach gedeckt - und die Handwerkskunst der Zimmerleute ist nun verborgen. Nur noch Experten können sich dann die Konstruktion und den Aufbau des Dachstuhls vorstellen. Für das Gablerhaus in  Cheb/Eger gibt es jetzt aber ein anschauliches Modell: Ein Zimmerermeister aus Parkstein (Kreis Neustadt) baute den Dachstuhl dieses Patrizierhauses maßstabsgetreu nach.

Was für den Laien nicht zu erkennen ist, machte Josef Hauer wieder sichtbar. Er arbeitete 45 Jahre lang als Zimmerermeister. Obwohl er schon längst im Ruhestand ist, bewundert er immer noch seine Kollegen aus vergangenen Jahrhunderten, die mit einfachen Mitteln den schwierigen Aufbau der Dachstühle schon damals meisterhaft bewältigten.

Trotz seiner 78 Jahre verbringt er nahezu jeden Tag in seiner Werkstatt und schafft mit seinen Modellen (meist Maßstab 1:15) einzigartige Zeitdokumente, die er aus Minibalken mit natürlichen Verbindungen - dem sogenannten Schwalbenschwanz, mit Überblattungen und mit kleinen Holznägeln - zusammenbaut.

So kann er die Arbeit der Zimmerleute veranschaulichen, welche die Dachstühle von Kirchen, Schlössern und anderen repräsentativen Bauwerken ohne die Hilfe von Computern konstruierten und nur mit Muskelkraft aufbauten. Zu den schönsten Modellen, die Josef Hauer erstellte, gehören die Dachstühle der Basilika St. Martin in Amberg, der Salzstadel in Regensburg, das Alte Rathaus von Weiden und die Friedrichsburg in Vohenstrauß.

Einladung nach Eger

Vor einigen Monaten erhielt der Zimmerermeister aus Parkstein eine Einladung aus Cheb/Eger, das einzigartig gut erhaltene Ensemble an historischen Dachstühlen der Patrizierhäuser am Marktplatz zu besichtigen. Rainer Christoph, vom Förderverein Goldene Straße, hatte den deutsch-tschechischen Stammtisch auf den außergewöhnlichen Fachmann aus Parkstein aufmerksam gemacht und dieser war „Brückenbauer“ zu Frau Dr. Marcela Brabačová, Leiterin der Abteilung für Kultur und Fremdverkehr im Rathaus von Cheb. Bald folgte Josef Hauer der Einladung, und er ist begeistert von der neuen Besuchertrasse unter den Egerer Dächern und den seit Jahrhunderten unversehrt erhaltenen Dachstühlen. Er ist voll Bewunderung dafür, was die Zimmerleute im Mittelalter, in der Zeit der Renaissance, des Barock und zu späteren Zeiten geleistet haben: „Die jungen Handwerker können sich heute überhaupt nicht mehr vorstellen, wie diese Arbeit damals bewältigt wurde.“Dann möchte er wissen, ob es noch Pläne dieser historischen Dachstühle gibt. Für das Gablerhaus, eines der schönsten Patrizierhäuser, hat ein Statiker bereits einen Plan erstellt. Dieses spätgotische Gebäude (neben dem Schirndingerhaus) war fast vierzig Jahre lang im Besitz des Jesuitenordens und erhielt im Jahre 1773 eine prachtvolle Rokokofassade. „Wenn Sie mir diesen Plan schicken“, sagt Josef Hauer, „baue ich ein Modell davon.“ Auf die Frage nach den Kosten für diese sehr schwierige und umfangreiche Arbeit antwortet der Meister bescheiden: „Ich habe mein Auskommen, und mehr Geld brauche ich nicht.“ Er fügt hinzu: „Man muss für die Sache brennen.“

Etwa zwei Monate lang hat Josef Hauer an dem Modell des spätgotischen Dachstuhls des Gablerhauses gearbeitet. Er lädt Frau Brabačová ein, nach Parkstein zu kommen. Diese ist begeistert von dem Können des Zimmermanns aus Parkstein: "Das hat all meine Erwartungen weit übertroffen". Im Maßstab 1:15, liebevoll ausgearbeitet bis ins kleinste Detail, ohne Klebstoff oder Eisennägeln, sondern nur nach historischen Vorbild mit natürlichen Verbindungen zusammengebaut.  Herr Hauer schätzt, dass an diesem spätgotischen Dachstuhl 20 Mann mindestens 17 Wochen lang (bei 50 Wochenstunden!) gearbeitet haben müssen.

Wenn künftig Touristen und Fachleute auf der Besuchertrasse die historischen Dachstühle der Egerer Patrizierhäuser besichtigen, werden sie auch noch das Modell des Zimmerermeisters aus Parkstein bewundern können. 

Neues Projekt wartet bereits

Josef Hauer hat  bereits ein weiteres Vorhaben: Die spätgotische Kirche „Mariä Verkündigung“ des Klosters der Franziskaner besitzt eines der ältesten Dächer von Eger. Er möchte wissen, wie seine Kollegen um die Mitte des 13. Jahrhunderts den Dachstuhl für diesen dreischiffigen Bau zu erstellen vermochten. Mit Hilfe eines Planes könnte er dann ein Modell davon nachbauen. Frau Dr. Brabačová ist von dem Angebot begeistert. Sie hat bereits den Bauhistoriker Michal Panáček aus Česká Lípa mit der Erstellung eines Plans beauftragt. Josef Hauer wartet schon auf die Fertigstellung der Zeichnungen, um mit dem Bau des Dachstuhlmodells – als ein weiteres bewundernswertes Geschenk für die Stadt Cheb/Eger – beginnen zu können. Die leerstehende Egerer Franziskanerkirche ist der ideale Ort für eine Dauerausstellung der beiden Meisterwerke aus Parkstein – und dann wird der Name ihres Erbauers auch in Tschechien bestens bekannt sein.

Der Träger des Stiftungsfonds Historisches Eger ist die Stadt Cheb.

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